Verschiedene Umfragen während der Pandemie zeigten auf, wie die Mitarbeitenden die Handlungskompetenz sowie die abgeleiteten Massnahmen ihrer Arbeitgeber in Zeiten von COVID-19 beurteilen. Fazit: In Bezug auf das Home-Office zeichnet sich eine langfristige Verhaltensänderung ab. Die Arbeitsform traf auf beiden Seiten auf hohe Akzeptanz. Allerdings fällt die Trennung von Privatem und Beruflichem schwer; sehr lange Arbeitstage und zu wenige Pausen führten zu Überlastung. Auch die individuelle Unterstützung blieb für viele Mitarbeiter auf der Strecke.
Mit der Arbeitgeberattraktivität verhält es sich wie in jeder Beziehung: Im Moment der Wahrheit, beispielsweise der aktuellen Krise, zeigt sich, ob die Arbeitgebermarke ihre Versprechen halten kann. Fällt dieses Urteil seitens der Mitarbeiter positiv aus, zahlt dies auf die Glaubwürdigkeit der Arbeitgebermarke, die Arbeitgeberattraktivität und die Reputation ein. Diese stehen besonders in Krisenzeiten auf dem Prüfstand. Fällt das Urteil negativ aus, leidet die Arbeitgeberattraktivität. Die Gefahr ist gross, dass die besten Talente sich nach einem Arbeitgeber mit einer konsistenten Employee Experience umsehen.
Als Experten für Arbeitgeberattraktivität, Arbeitgebermarke (Employer Branding) und der damit eng verwobenen Reputation hat uns interessiert, wie die Mitarbeitenden die aktuelle Krise erleben, wie sie die Kompetenz ihrer Arbeitgeber beim Meistern der Herausforderungen und beim Ableiten geeigneter Massnahmen beurteilen. Hierfür haben wir 100 Mitarbeitende aus unterschiedlichen Unternehmen und Branchen anonym befragt. Die Umfrageergebnisse haben wir in diesem Stimmungsbarometer verdichtet.
Die Gesamtbeurteilung der Arbeitgeberattraktivität fiel in der Deutschschweiz insgesamt positiv aus. Die Mitarbeitenden schätzten die rasche Reaktions- und Adaptionsfähigkeit auf die neuen Anforderungen. Besonders positiv hervorgehoben wurde die technische Unterstützung für die Arbeit im Home-Office. Aber auch den Schutz der Mitarbeitenden am Arbeitsplatz und den kontinuierlichen Informationsfluss erkennen die Umfrageteilnehmer an. Lob gab es auch für den regelmässigen Kontakt der meisten Führungskräfte mit den Mitarbeitenden. Insbesondere der Organisation einer neuen Tagesstruktur mit «Check-in Calls», Team Meetings per Video und einer klaren Kommunikation der Erwartungshaltung gaben die Mitarbeitenden gute Noten.
Auch den Rekrutierungsprozess konnten die meisten Unternehmen nahtlos aufrechterhalten – Video und Telefon sei Dank. Dabei durften die neuen Mitarbeitenden teilweise wählen, ob sie die neue Stelle während des Lock-downs antreten oder das Eintrittsdatum auf die Zeit danach verschieben wollten.
Ein besonderer Fokus der Umfrage lag auf dem Thema Homeoffice. Fanden die Mitarbeitenden gute Voraussetzungen vor oder waren sie auf sich gestellt? Wollen Sie auch nach Ende des Lock-downs im Homeoffice weiterarbeiten – zumindest teilweise – oder wünschen sie sich ihre Büroinfrastruktur zurück? Auch hier fiel das Urteil der Umfrageteilnehmer positiv aus: Insbesondere Wissensarbeitende konnten schnell und reibungslos von zuhause aus produktiv arbeiten. Rund 15% bevorzugen generell ihr Home-Office als Arbeitsort. Die Mehrheit, knapp 60%, wünscht sich für die Zukunft einmal wöchentlich einen Home-Office-Tag. Die technischen Voraussetzungen dafür wurden bei mehr als zwei Drittel der Umfrageteilnehmer geschaffen.
Als Vor- und Nachteile des Home-Office nannten die Umfrageteilnehmer folgende Faktoren:
Was Mitarbeitende im Home-Office schätzen:
1. Konzentrierteres und effektiveres Arbeiten
2. Flexibleres und selbständigeres Arbeiten durch freie Zeiteinteilung
3. Weniger Störungen und Ablenkungen
4. Massive Zeitersparnis des Arbeitsweg zugunsten der Freizeit
5. Weniger und oder kürzere (sinnlose) Meetings
6. Bessere Erreichbarkeit
7. Vorteil bei Kinderbetreuungs-Engpässen
8. Erhöhte Lebensqualität (keine Staus und rush hours in den ÖV)
9. Nachhaltigkeit durch Verringerung des persönlichen, ökologischen Fussabdrucks (weniger pendeln)
10. Langfristige Senkung der Infrastrukturkosten (weniger Platzbedarf in den Büroräumlichkeiten)
Was Mitarbeiter im Home-Office stört:
1. Es fällt schwer, Arbeit und Privates zu trennen
2. Sehr lange Arbeitstage führen zu Überlastung
3. Die Verpflegung muss organisiert werden
4. Mit Kindern im schulpflichtigen Alter wurde Homeoffice als grosse Herausforderung erlebt
5. Die gleichzeitige Betreuung von Kindern im Pandemie-Office eine zusätzliche, sehr hohe psychische Belastung
6. Vielen Mitarbeitenden fehlt der persönliche Austausch
7. Team- Aufträge sind schwieriger umzusetzen
8. Projekte brauchen mehr Zeit
9. Einige Mitarbeiter sind besorgt, dass die «Unternehmens-Heimat» verloren geht.
10. Die informellen und ungeplanten Austauschmöglichkeiten am Kaffeeautomaten, beim Mittagessen und in der Rauchpause mit Klatsch und Tratsch finden nicht statt.
Bei weitem nicht in allen Belangen konnten die Unternehmen ihre Arbeitgeberattraktivität während der Coronakrise steigern. Insbesondere die individuelle Unterstützung blieb für viele Mitarbeitende auf der Strecke. Die Belastung durch die unerwartete Isolation, Homeoffice bei gleichzeitigem Homeschooling wog für viele Umfrageteilnehmer schwer. Nur bei der Hälfte der befragten Mitarbeitenden wurde die Arbeitslast im Krisenmodus angepasst. Die Folge waren Überlastung, psychischer Stress sowie individueller Leistungsabfall. Ebenfalls negativ wahrgenommen wurden die unrealistischen Erwartungen bezüglich Erreichbarkeit, die reaktive Kommunikation und das mangelnde Vertrauen der Führungskräfte in ihre Mitarbeitenden. Dies ist jedoch die wichtigste Basis für das Commitment und die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden.
(Potenzielle) Mitarbeitende beobachten genau, wie ein Unternehmen als Arbeitgeber eine aktuelle Krise wie Corona meistert. Die Massnahmen, welche zur Vertrauensbildung innerhalb der Belegschaft sowie in Bezug auf die psychologische Sicherheit der Teammitglieder unternommen werden, zahlen langfristig auf die Arbeitgeberattraktivität ein. Die Führungskultur trägt massgeblich dazu bei, ob sich Mitarbeitende nach der Krise loyal zeigen oder nicht.
Arbeitgeberattraktivität und Führungskultur gehen Hand in Hand. Sicherheit, Vertrauen, Struktur, Betreuung und Unterstützung sind auch und vor allem in Krisenzeiten eine wichtige Grundlage, um bestehende Mitarbeitende zu halten und neue Talente zu gewinnen.
Die Attraktivität der Arbeitgeber setzt sich aus festen Überzeugungen, Goodwill, Haltung und gelebten Werte zusammen. Um sich von anderen Unternehmen im Employer Branding positiv abzuheben, lohnt es sich daher, eine Führungskultur zu verankern, welche die Arbeitgeberattraktivität aus Mitarbeitersicht untermauert – und damit krisenfest macht.
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